Meldungen aus dem Bezirksverband Niederbayern
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Ausstellung „1. Weltkrieg – 14/18 Mitten in Europa“

Stellvertretender Landrat Fritz Wittmann eröffnete Ausstellung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge im Landratsamt Landshut

„Es gab Sieger und Besiegte: Wir alle haben verloren“, zitierte stellvertretender Landrat Fritz Wittmann den großen französischen Staatsmann Charles de Gaulle (1890-1970) bei der Eröffnung der Ausstellung „1. Weltkrieg – 14/18 Mitten in Europa“ des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge im Foyer des Landratsamtes. Mit dem Satz, mit dem de Gaulle eine klare, knappe Bilanz der Weltkriege des 20. Jahrhunderts gezogen hat, ging Wittmann der Frage auf den Grund, was die Menschen von heute mit den Ereignissen vor 100 Jahren verbindet: Über 70 Jahre Frieden, „der schönste Gewinn aus dem europäischen Einigungsprozess“, verdanke man den Menschen, die sich über die Gräben und buchstäblich über die Gräber der Kriege hinweg die Hände zur Versöhnung gereicht haben, sagte Wittmann.

Dank der Einsicht, der geistigen Haltung und des Handelns so vieler Menschen in der Zeit nach 1945 konnte sich das Wort des deutsch-französischen Arztes, Theologen und Friedens-Nobelpreisträgers Albert Schweitzer bewahrheiten, dass die Kriegsgräber als die „großen Prediger des Friedens“ wirkten, führte Wittmann bei der Ausstellungseröffnung aus. Vor zahlreichen Zuhörern, Vertretern von Krieger- und Soldatenkameradschaften und des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge mit dessen Bezirksgeschäftsführer Walter Stierstorfer an der Spitze, würdigte Wittmann besonders die Verdienste dieser Verbände für die Versöhnung unter den europäischen Brudervölkern nach zwei entsetzlichen Kriegen.

Heute sei das alles weitgehend in Vergessenheit geraten, Frieden, Freiheit und Wohlstand, die längste Friedens-Periode in der Geschichte des Kontinents, würden in Westeuropa nach über 70 Jahren allermeistens als Selbstverständlichkeiten genommen – und entsprechend nicht mehr als das geschätzt und gewürdigt, was sie seien: „ein wunderbares Geschenk“, betonte der stellvertretende Landrat. Die Schrecken, die Orgie der Gewalt, die der Erste Weltkrieg mit seinen 17 Millionen Toten und 21 Millionen Kriegsversehrten darstellt, sei in Deutschland weitgehend vergessen – anders übrigens als in Frankreich und Großbritannien.

„Vergessen ist heilsam. Doch für dieses Trauma ist es die falsche Medizin“, zitierte Wittmann den weltweit renommierten Militär-Historiker John Keegan: „Europa muss sich erinnern an die Millionen Toten, die in den Gräben starben und an das Leid, das die Nachricht von ihrem Tod in die Familien trug. Europa muss sich erinnern, dass die Organisation von Massentötungen aus ideologischen Motiven unter Hitler und Stalin ihren Ursprung hatte im massenhaften Abschlachten von oft hilflosen jungen Soldaten in der Mondlandschaft der Schlachtfelder.“

Es war ein langer, am Anfang recht schwerer Weg, die Wunden zu heilen, die die Kriege Europas Völkern geschlagen haben, und gemeinsam eine gute Zukunft aufzubauen. Gerade der Volksbund habe in dieser Phase eine große und segensreiche Rolle gespielt: Vielfältige Kontakte, internationale Jugend-Begegnungen und gemeinsame Arbeit auf den riesigen Friedhöfen und an Denkmälern „haben viele Türen geöffnet, Verbindungen hergestellt, Vertrauen und Freundschaften wachsen lassen“, sagte Wittmann.

Die Folgen des Ersten Weltkriegs prägten die Gegenwart in vielen Lebensbereichen, nicht nur die Politik. Aber gerade auf dem Gebiet der Politik sollten die Menschen von heute die Lehren aus der Geschichte annehmen, betonte Wittmann und zitierte den EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker: „Wer an Europa zweifelt und wer an Europa verzweifelt, der soll über die Soldatenfriedhöfe gehen, dann zweifelt er nicht mehr.“

Maximilian Fügen, der Schul- und Bildungsreferent beim Landesverband Bayern des Volksbundes, stellte im Anschluss an die Rede Wittmanns die Friedensarbeit des Volksbundes dar und gab Erläuterungen zu der Ausstellung, mit der man sich besonders auch an Schüler und junge Leute wende. Der 1919 gegründete Volksbund ist ein gemeinnütziger Verein, der die Gräber von über 2,7 Millionen Kriegstoten auf 833 Friedhöfen in 46 Ländern der Welt pflegt. In diesen Grabstätten sind natürlich in der Mehrzahl gefallene Soldaten beerdigt – aber auch Zivilisten, Opfer des Holocaust, Bombenopfer und Kriegsgefangene.

Die Ausstellung „14/18 Mitten in Europa, legt nach Fügens Worten den Schwerpunkt nicht, wie oft üblich, ausschließlich auf die Westfront, sondern versucht, eine gesamteuropäische Perspektive einzunehmen einschließlich Ost- und Südost-Europas und der Ereignisse im Nahen Osten. Denn „bis heute sind die Folgen des vier Jahre andauernden Krieges immer wieder spürbar“, führte Fügen aus: Viele Brandherde im Nahen Osten, Konflikte in der Türkei, aber auch auf dem Balkan „sind ohne den Einblick in die Zusammenhänge und Ergebnisse des Ersten Weltkriegs nicht zu verstehen“.

In fast allen anderen Staaten liegt die Kriegsgräberfürsorge in staatlicher Hand; in Deutschland trägt der Volksbund Sorge dafür. Seine Arbeit finanziert er zu gut 70 Prozent aus Spenden. Fügen stattete an dieser Stelle den Bürgern im Raum Landshut und in Niederbayern Dank ab: Bei der Herbstsammlung 2017 des Volksbundes kamen rund 261000 Euro zusammen, das beste je in Niederbayern erzielte Ergebnis. Rund 43000 Euro entfielen dabei auf den Kreis-Krieger- und Soldatenverband Landshut, weitere 6000 Euro auf die Reservistenkameradschaft Landshut. Eine Einzelleistung hob Fügen besonders hervor: Georg Stigler aus Vilsbiburg hat ganz allein rund 9000 Euro für die gute Sache gesammelt.

(Elmar Stöttner)