Im Donautal, sieben Kilometer von Vilshofen/Niederbayern entfernt, liegt donauabwärts, am Rande des Bayerischen Waldes, der Markt Hofkirchen (Donau). Am westlichen Ortsrand, auf einer Anhöhe mit Blick auf eine Biegung der Donau, liegt die Kriegsgräberstätte Hofkirchen. Dort ruhen 2773 Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft des Ersten und Zweiten Weltkrieges. Die vor 65 Jahren eingeweihte Kriegsgräberstätte diente in den 50er Jahren als Sammelfriedhof für die unzähligen Feldgräber und Kleinstgrabanlagen von Kriegstoten in Niederbayern und in Teilen der Oberpfalz.
Die Süddeutsche Zeitung hatte in 2022 und 2023 in mehreren Artikeln thematisiert, dass in Hofkirchen unter anderem auch mehrere hundert Angehörige der unterschiedlichen Gliederungen der SS ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Unter ihnen auch solche, die an schwersten Verbrechen beteiligt waren. Dass dies für nahezu alle größeren Kriegsgräberstätten gilt, ist kein Geheimnis, keine Neuigkeit und eignet sich daher kaum als Skandal. Der Volksbund hat diesen Umstand bereits in zahlreichen Publikationen aufgearbeitet. In den Jahren 2021 bis 2023 setzte sich der Volksbund durch die Schaffung eines multimedialen Bildungspaketes mit dem Titel „Helden, Täter, Opfer“ zum wiederholten Male aktiv mit dem Umstand auseinander, dass sich unter den Kriegstoten auf Kriegsgräberstätten auch solche befinden, die zu Lebzeiten Schuld, in unterschiedlichster Schwere und Form, auf sich geladen haben und an Kriegsverbrechen beteiligt waren.
Weitere Informationen zu diesem Bildungspaket finden Interessierte hier:
https://www.volksbund.de/aktuell/mediathek/detail/bildungspaket-helden-taeter-opfer-biografien-der-weltkriege
Auf zahlreichen Kriegsgräberstätten im In- und Ausland hat der Volksbund bereits Geschichts- und Erinnerungstafeln errichtet, auf denen ebenfalls ein kritischer Umgang mit den Biographien der Kriegstoten am „Lernort Kriegsgräberstätte“ erfolgt. Dabei sind die Ressourcen des Volksbunds, als gemeinnütziger und größtenteils spendenfinanzierte Organisation mit lediglich einem Bildungsreferenten pro Landesverband, zur Errichtung solcher Tafeln nachvollziehbarer Weise begrenzt.
In Hofkirchen war dies bisher noch nicht geschehen. Das Landratsamt Passau und weitere lokale Institutionen nahmen die Forderung nach einem kritischeren Umgang mit der Kriegsgräberstätte, insbesondere am Volkstrauertag, auf.
Der Pockinger Gymnasiallehrer und Historiker Andreas Königer stellte sich als Projektverantwortlicher dieser Aufgabe. Gemeinsam mit 90 Schülerinnen und Schülern seiner 9. Klassen des Wilhelm-Diess-Gymnasiums Pocking will er die Geschichte der Kriegsgräberstätte und ihrer Toten aufarbeiten und die Kriegsgräberstätte zu einem Lernort ertüchtigen. Unterstützt wird er dabei durch den Kreisvorsitzenden des Sozialverbands VdK, Willi Wagenpfeil, und den Bildungsreferenten des Volksbunds, Maximilian Fügen.
Startschuss für das Projekt war bereits im Herbst 2023. Seitdem haben die Schüler sich intensiv mit der Geschichte der Kriegsgräberstätte auseinandergesetzt. Über den Volksbund wurden Kontakte zu Angehörigen von Kriegstoten hergestellt, die für das Projekt Material zur Verfügung stellten. Zudem wurde eine intensive Archiv- und Literaturrecherche betrieben.